Kann die Energie- und Verkehrswende ohne Recycling nachhaltig sein?
Seit den frühen 80er Jahren steht der Umweltschutz und damit auch die Energiewende (Ausstieg aus der Kernkraftindustrie) sowie die Kreislaufwirtschaft (Trennung von Wertstoffen – Glas, Papier etc.) zunehmend im Fokus gesellschaftspolitischer Veränderungen in Europa.
Diese Themen fanden in den meisten Industrienationen seit Anfang der 90er Jahren eine breite Unterstützung und insbesondere der Anstieg der durchschnittlichen Jahrestemperatur wurde offensichtlich. Mit dem Kyoto-Protokoll 1997, welches von 191 Staaten ratifiziert wurde, setzte der globale Umbau der Energieproduktion ein. Zusätzlich führten Themen der E-Mobilität, von Industrie 4.0 über Big Data bis zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz, in vielen Bereichen des täglichen Lebens zu einem immer größeren Einsatz von Elektrizität als Energiequelle sowohl direkt als auch über Batteriespeicherung.
Weltweit wurden in 2020 ca. 37.000 MT CO2 emittiert, wobei auf Deutschland ca. 739 MT entfallen. Neben dem rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien und der einhergehenden De-Karbonisierung in der Stromproduktion in den letzten 20 Jahren, steht seit ca. fünf Jahren insbesondere die Verkehrswende im Vordergrund von Veränderungen.
Die umfangreichere und attraktivere Angebotspalette der OEMs, kombiniert mit substanziellen staatlichen Förderungen, führten in den vergangenen beiden Jahren zu einer starken Nachfrage nach E-Autos (EV), welche letztes Jahr weltweit 3,24 Mio. Fahrzeuge bzw. ca. 4,2% des Gesamtabsatzes erreichte. In Europa wurden 2020 ca. 1,4 Mio. Plug-in Hybrid (PHEV)- und EV-Fahrzeuge verkauft; ähnlich viele konnten in China abgesetzt werden.
Auf Deutschland entfielen bereits ca. 400.000 Kfz mit BatterieLeistungen zwischen 35 kWh bis 95 kWh, welches einer jährlichen Gesamtnachfrage von ca. 25 GWh Speicherkapazität entsprechen dürfte. Weltweit wird die durchschnittliche Batterieleistung mit 50 kWh pro EV etwas niedriger liegen und somit zu einer Batterie-Gesamtnachfrage von 162 GWh in 2020 geführt haben. Je nach Szenario zur Elektromobilität wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung bis 2030 mit einem sechsfachen und bis 2050 mit einem 30-fachen Wachstum im Vergleich zu 2020 in der Batterienachfrage gerechnet. Folglich kann ein kontinuierlicher Anstieg der jährlich in Umlauf kommenden EVs auf ca. 2,5 Mio. bis 3 Mio. Fahrzeuge ab 2030 erwartet werden. Während bisher Primärbatterien (nicht aufladbar) den Hauptanteil in der Batterieherstellung ausmachten, wird sich dies kurzfristig sehr schnell zugunsten der Akkus (Sekundärbatterien) verlagern. Damit einhergehend werden sich Batterietechnologie und Komponenten sowie deren Rohstoffe stark verändern. Neben Lithium und Kobalt stehen insbesondere Rohstoffe wie Kupfer, Nickel oder auch Aluminium im Vordergrund des Interesses am Recycling.
Bevor ein Akku dem Recycling zugeführt wird, soll eine Zweitanwendung (Second Life) als stationärer Speicher für Stromabnehmer, wie z.B. Kraftwerke, Industriebetriebe oder Privathaushalte, zum Einsatz kommen. Sinkt die Leistungskapazität eines Akkus im EV unter 80%, ist dieser dort wenig alltagstauglich und muss ersetzt werden. Second Life Projekte sind erst seit kurzer Zeit in der Umsetzung und die Erfahrungswerte lassen derzeit noch nicht erkennen, ob wirklich eine der Art große Nachfrage für stationäre Speicher entstehen wird, da vor dem Einsatz eine Aufbereitung und Umrüstung stattfinden muss.
Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass das Recycling der Batterien aus EV eher kurz- bis mittelfristig (oft in Batterie-Second Life Studien eher langsamer dargestellt) ein großes Problem hervorrufen wird.
Das Recycling von Batterien
Lithium-Ionen-Batterien werden u.a. pyrometallurgisch aufbereitet, um die wiedergewonnenen Komponenten bzw. Rohstoffe erneut im Rohstoffveredelungs-Prozess einzusetzen, oder hydrometallurgisch aufbereitet, um Komponenten einer Materialproduktion zuzuführen. Direkt rezyklierte Batterien werden in der Produktion neuer Batterien verwendet bzw. in Second Life Speichern eingesetzt. (s. Darstellung „Profitable Recycling of Low-Cobalt Lithium-Ion Batteries“)
In der automobilen Primär-Anwendung sind bis zu 4.000 Ladezyklen bzw. maximal 10 Jahre Nutzungsdauer möglich. In der darauffolgenden Second-Life-Anwendung werden bis zu 4.000 Ladezyklen bzw. weitere max. 10 Jahre Nutzungsdauer erwartet. Danach müssen die Batterien endgültig in ihre Bestandteile zerlegt und aufbereitet bzw. rezykliert werden.
Die Effizienz dieses Recyclings liegt bei rund 65%, abhängig von den verschiedenen Komponenten (Stahl, Kupfer, Aluminium, Kobalt, Nickel etc.) und dem jeweiligen Recycling-Pfad (stoffliche bzw. thermische Verwertung). Folglich haben Rohstoffpreise einen erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Recyclings von EV-Batterien und Schwergewichte der Chemie-, Rohstoff-, Versorgungs- und Kreislauf-Industrie sind in Teilgebieten der Wertschöpfungskette aktiv.
Eine bemerkenswerte Entwicklung in der Neuausrichtung bei Großkonzernen stellt die Planung von VW dar, in das Recycling von eigenen EV-Batterien einzusteigen. Im Recycling Werk Salzgitter werden derzeit rund 1.200 Tonnen pro Jahr aufgearbeitet. Ziel ist es, 97% aller Rohstoffe wiederzuverwenden. Angesichts der massiven Produktionsausweitung bei EV- und Speicher-Herstellern, verdeutlicht diese Ausrichtung von VW die unumkehrbare Notwendigkeit, Kapazitäten im Lithium-Ionen- Batterie-Recycling möglichst bald aufzubauen und in größere Dimensionen zu führen. Eine nachhaltige Energie- und Verkehrswende ist ohne Ausbau der Recycling-Kapazitäten sowohl politisch als auch gesellschaftlich kaum vermittelbar bzw. solche OEMs wird mittel- und langfristig in Erklärungsnöte bringen.
Eine Marktkonzentration im Bereich des Batterie Recyclings ist aktuell noch kaum vorhanden, da dieses Segment stark fragmentiert ist. Neben Großkonzernen, wie z.B. VW, BASF, Veolia, Glencore, Fortum oder Umicore, sind etwa fünf weitere mittelgroße Marktteilnehmer bundesweit sowie unzählige, regionale Anbieter in diversen Recycling-Gebieten von EV Speichern tätig. Letztere dürften aufgrund notwendiger Skaleneffekte auf operativer Ebene bzgl. der nachhaltigen Erfüllung technischer (gesetzlicher) Prämissen mit erheblichen
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Investitionen konfrontiert werden. Dies führt kurz- bis mittelfristig zu attraktiven Wachstumsstrategien sowohl entlang der wichtigsten Wertschöpfungsstufen für das Recycling von EVBatterien als auch bei Firmen des Maschinen- und Anlagebaus in diesem Segment. Die stark ansteigende Nachfrage nach EV und Speicherleistungen, gepaart mit den notwendigen Entwicklungen im Batterie-Recyclings (Beteiligungs- bzw. Konsolidierungspotential im Bereich mittlerer und regionaler Anbieter), eröffnet Chancen zur Umsetzung erfolgreicher „buy and build“ bzw. Markteintrittsstrategien.