Was den Healthcare-Markt bewegt: M&A Transaktionen in 2020 und Ausblick auf 2021

Auch dieses Jahr wollen wir nachfolgend eine selektive Rückschau über Deals des vergangenen Jahres und ein Ausblick auf die wichtigsten Einflussfaktoren geben.

Gesundheitswesen/Regulierung

Der Gesetzgeber hat nicht zuletzt durch aufgetretene Engpässe bei Beatmungsgeräten, Schutzkleidung etc., infolge der Corona-Krise, eine Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) beschlossen. Diese sieht u.a. eine Meldeschwelle von 10% und ein strafbewehrtes Vollzugsverbot für meldepflichtige Transaktionen vor. Damit sollen neben der Gesundheitswirtschaft auch besonders kritische Bereiche vor dem Zugriff missliebiger Investoren geschützt werden – freilich werden damit auch internationale Start up Finanzierungen und Deals mit Finanzinvestoren erschwert. Das EU-Parlament hat die Corona-Lage wiederum zum Anlass genommen, die geplante Einführung der EU-MDR um ein Jahr zu verschieben, sie soll nun am 26. Mai 2021 in Kraft treten. Allerdings scheint der Engpass an benannten Stellen – zusätzlich verstärkt durch den Brexit – noch immer nicht zufriedenstellend abgebaut zu sein und auch viele Audits konnten während der Lockdowns nicht durchgeführt werden. Eine weitere Verschiebung der Fristen erscheint unausweichlich. Seite 2/4 Apropos Brexit: Das Vereinigte Königreich ist nun zum 1. Januar 2021 aus der EU ausgetreten. Ab diesem Zeitpunkt müssen Produkte von Herstellern aus der EU auch den eigenständigen Normen der entsprechenden UK-Arzneimittel- bzw. Medizinproduktzulassungsbestimmungen entsprechen.

Sektoranalyse Pharma, Biotech & Specialty

Grundsätzlich war das Rennen um den Impfstoff gegen Covid-19 das vorherrschende Thema. Um die enormen F&E-Anstrengungen zu finanzieren, haben die einzelnen Unternehmen, unter ihnen für den deutschen Markt CureVac, BioNTech und IDT, über Kapitalmaßnahmen, wie die Aufnahme weiterer Gesellschafter bzw. IPOs an der Nasdaq, große Finanzierungsrunden erfolgreich geschlossen. Zudem hat sich gezeigt, dass innovative strategische Allianzen (z.B. BioNTech/Pfizer, CureVac/Bayer) gleichberechtigt neben klassische M&A Transaktionen treten und eine enorme Dynamik entfalten.

Der deutsche Pharmariese Bayer erwarb das US-Unternehmen Asklepios BioPharmaceutical und erweitert damit sein Produktangebot in der Zell- und Gentherapie gegen eine Vorabzahlung von 2 Mrd. USD und weiteren möglichen erfolgsabhängigen Meilensteinzahlungen von bis zu 2 Mrd. USD.

Kurz vor Weihnachten haben die amerikanischen Cannabis-Anbieter Tilray und Aphria ihre Fusion bekannt gegeben: mit einem Marktwert von rund 3,9 Mrd. USD (3,1 Mrd. €), einem kombinierten Umsatz von rund 685 Mio. USD (562 Mio. €) und zusammen 2500 Mitarbeitern nach jetzigem Stand, entsteht dabei der weltgrößte Cannabis-Konzern.

Sektoranalyse Apotheke & Distribution

Die Zur Rose Gruppe (u.a. DocMorris) setzt die Konsolidierung im Online-Apothekenmarkt fort: sie erwarb Apotal, einen der größeren deutschen Versandhändler (157 Mio. € Umsatz 2019) und bringt sich auch mit der Übernahme des Telemedizin-Anbieter TeleClinic für das kommende e-Rezept in Stellung.

Nicht zuletzt aufgrund der erwarteten Digitalisierung im Arzneimittelebereich und den verstärkten weltweiten Aktivitäten Amazon Pharmacy (u.a. Health Navigator), erwarten wir weitere Deals. So hört man aus dem Markt, dass Advent die niederländischen Apothekenkette Mediq an einen anderen PEInvestor veräußern wird.

Sektoranalyse Krankenhaus, Medizintechnik & Digital Health

Der Krankenhaussektor war, wie alle anderen Industriesegmente,stark operativ mit den Auswirkungen der Covid-Krise, insbesondere dem Vorhalten von intensivmedizinischen Kapazitäten, beschäftigt. Gleichwohl hat der erfolgreiche Abschluss der öffentlichen Übernahme des Rhön-Klinikums durch die Asklepios Kliniken zu weiterer Marktkonzentration geführt. Asklepios hat somit im Vergleich zum Marktführer Fresenius Helios deutlich aufgeschlossen und zudem die jahrelange Patt-Situation im Gesellschafterkreis der Rhön-Klinikum zu ihren Gunsten entschieden.

Auch im Markt für ambulante Radiologie ist weiterhin Bewegung: Meine Radiologie hat trotz schwierigem Marktumfeld mit Triton Partners (ist bereits Mehrheitsgesellschafter des Diagnostikum Berlin) einen neuen Eigentümer gefunden. Wir gehen davon aus, dass sich auch dieses Marktsegment weiter konsolidieren wird. Seite 3/4 Im ersten Quartal erwarb der an der NASDAQ notierte Masimo den Beatmungsgerätehersteller TNI Medical aus Würzburg von einer Gruppe privater und institutioneller VC-Investoren.

Die bisher in Privatbesitz gehaltene Schweizer Gesellschaft Straub Medical, welche medizinische Geräte für die Behandlung von arteriellen und venösen Erkrankungen herstellt, wurde im 1. Halbjahr von Becton Dickinson (BD) übernommen.

Im August 2020 gaben Siemens Healthineers bekannt, Varian Medical Systems für einem Kaufpreis von rund 16,4 Mrd. USD zu übernehmen.

CompuGroup Medical schlug in 2020 gleich mehrmals zu: Anfang des Jahres erwarb die börsennotierte Softwareschmiede aus Koblenz die italienische H&S Qualità nel Software sowie deutsche und spanische Assets des Krankenhaus-IT Anbieters Cerner (letztere zu einem Kaufpreis von 3x EV/S und 17x EV/EBITDA). Wenige Monate später wurde eMDs, ein US-amerikanischer Anbieter von Diensten zur Abrechnung medizinischer Leistungen, für etwas mehr als € 200 Mio. übernommen mit ähnlichen Bewertungs-Multiples übernommen.

Der italienische Compugroup-Wettbewerber Dedalus verleibte sich im 1. Halbjahr für knapp 1 Mrd. € das Healthcare IT – Geschäft der Agfa-Healthcare (Orbis) in der DACH-Region, in Frankreich und in Brasilien ein.

Ausblick auf 2021 – Innovation und Effizienz

2020 und der Umgang mit der Covid-Krise haben uns wieder deutlich vor Augen geführt, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitswesen und stetige Innovationskraft für eine Gesellschaft ist. Neben der beschleunigten Entwicklung von neuen Impfstoffen, antiviralen Gesichtsmasken und kurativen Arzneimitteln und Medizinprodukten, hat aber auch die Geschwindigkeit der Digitalisierung im Gesundheitswesen durch Maßnahmen weiter zugenommen.

Die wirtschaftlichen Folgekosten der Krise werden aber auch dazu führen, dass insgesamt weniger öffentliche wie auch private Mittel vorhanden sind, um diese Leistungen zu finanzieren. Folglich erwarten wir, dass prophylaktische und kurative Therapien sowie alle Mittel zur Steigerung der Effizienz im Gesundheitswesen auch für Investoren langfristig an Bedeutung zunehmen werden. Dies sind v.a. die folgenden Bereiche:

  • Artificial Intelligence & Big Data
  • Telehealth bzw. -medizin
  • Personalisierte Medizin
  • Companion Diagnostics
  • Mental Health

Magnus Höfer

Partner
hoefer@steinbeis-finance.de

Magnus Höfer hat Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und an der University of Illinois studiert. Er ist seit 2019 Partner bei Steinbeis M&A und für die Bereiche Pharma, MedTech und Digital Health zuständig nachdem er zuvor viele Jahre lang als u.a. als Geschäftsführer bei GEHE, Kwizda und UTA tätig war. Darüber hinaus fungiert Herr Höfer als Vorstand der Financial Experts Association und Aufsichtsrat bzw. engagiert sich als Business Angel bei vielversprechenden Start-Ups.

Christoph Osterbrink

Partner
osterbrink@steinbeis-finance.de

Christoph Osterbrink ist Diplom-Kaufmann und hat an den Universitäten Marburg und Gießen studiert. Er ist seit 2010 Partner bei Steinbeis M&A mit Fokus auf Healthcare, von 2013 bis 2019 war er zudem Interim Head of Corporate Finance bei einem führenden Krankenhausbetreiber. Neben seiner Tätigkeit bei Steinbeis M&A, ist Herr Osterbrink Gründungspartner bei Steinbeis Consulting Centre Impact Investing, einer Beratungsgesellschaft für nachhaltige, soziale und ökologisch wirkungsorientierte Unternehmen in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Über Steinbeis M&A:

Steinbeis M&A bietet den Kunden, über alle Branchen hinweg, ein umfangreiches und professionelles Beratungs- bzw. Dienstleistungsspektrum in den Bereichen Mergers & Acquisitions, Buy-and-Build, Strategy sowie Capital Advisory. Mandanten sind insbesondere mittelständische Unternehmer, Unternehmen und Unternehmensgruppen im In- und Ausland, aber auch internationale Konzerne, die sich auf dem Mittelstandsmarkt etablieren wollen. Aktuell sind 17 Partner bei Steinbeis M&A, die weit über 100 erfolgreiche Transaktionen in den letzten Jahren abgeschlossen haben. Steinbeis M&A ist ein Unternehmen der Steinbeis-Gruppe (www.steinbeis.de), eines der führenden Dienstleistungsunternehmen für Beratung und Technologietransfer in Europa.

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