Recycling der Li-Ionen-Batterien rückt in den Mittelpunkt der Verkehrswende

In Q4 2021 konnte Steinbeis M&A die Gelegenheit nutzen mit Kai-Uwe Wollenhaupt in der Europazentrale von SVOLT, zukünftig einer der größten Batteriehersteller Europas, die Entwicklungen des Batterie-/ Speichermarktes detailliert zu diskutieren. Die Lithium-Ionen-Batterie wird in den nächsten 10-Jahren weiterhin die e-Mobilität dominieren, da absehbare technologische Fortschritte (Leistung und Produktionsverfahren) sowie Skaleneffekte weiterhin kompetitive Vorteile ggü. alternativen Speicherlösungen gewährleisten.

Der allgemein erwartete Anstieg der weltweiten Lithium-Ionen Produktion (600%) bis 2030 wird in wenigen Jahren zu massiven Recycling Herausforderungen führen.

SVOLT Energy Technology, ein Spin-off des chinesischen Automobilherstellers Great Wall Motors, entwickelt und produziert LithiumIonen-Batterien und Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge sowie Energiespeicher. Weltweit beschäftigt SVOLT rund 4.400 Mitarbeitende, davon die Hälfte im Bereich Forschung & Entwicklung (R&D). 2019 meldete SVOLT über 550 Patente an. Kai-Uwe Wollenhaupt ist Präsident der SVOLT Europe und Geschäftsführer der SVOLT Energy Technology (Europe) GmbH in Frankfurt am Main.

Steinbeis M&A bietet seinen mittelständischen Kunden in der D-ACH Region ein umfangreiches und professionelles Beratungs- bzw. Dienstleistungsspektrum in den Bereichen (1) Mergers & Acquisitions, (2) Buy-and-Build, (3) Strategy Consulting und (4) Capital Advisory, über alle Branchen hinweg. Rainer Göhringer ist Beirat bei Steinbeis M&A, Christian von Staudt ist Partner bei Steinbeis M&A und Senior Experte für den Bereich Energiewirtschaft und Infrastruktur.

Steinbeis (Göhringer):

Die umfangreichere und attraktivere Angebotspalette der OEMs, kombiniert mit substanziellen staatlichen Förderungen, führten in den vergangenen beiden Jahren zu einer starken Nachfrage nach EAutos (EV), welche letztes Jahr weltweit 3,24 Mio. Fahrzeuge bzw. ca. 4,2% des Gesamtabsatzes erreichte. In Europa wurden 2020 ca. 1,4 Mio. Plug-in Hybrid (PHEV)- und EV-Fahrzeuge verkauft; ähnlich viele konnten in China abgesetzt werden. Auf Deutschland entfielen bereits ca. 400.000 Kfz mit Batterie-Leistungen zwischen 35 kWh bis 95 kWh, welches einer jährlichen Gesamtnachfrage von ca. 25 GWh Speicherkapazität entsprechen dürfte.

Christian von Staudt
Steinbeis M&A
Rainer Göhringer
Steinbeis M&A
Kai-Uwe Wollenhaupt
Geschäftsführer SVOLT Europe

Welches Wachstum erwartet SVOLT über die nächsten zwei bzw. fünf Jahre bzgl. der Wachstumsraten weltweit, in der EU bzw. in Deutschland an mobilen Speicherkapazitäten für EV und PHEV?

SVOLT (Wollenhaupt):

Der Bedarf der Automobilindustrie an Batterien wird in den kommenden Jahren enorm wachsen. Es gibt Prognosen, die eine Versechsfachung der Nachfrage an Batterien bis 2030 vorhersagen. Diese Nachfrage wird die aktuellen, weltweiten Produktionskapazitäten weit übersteigen. Deshalb sind bereits jetzt über 80 Gigafactories in Planung: ca. 10 Prozent davon – mit einer Leistung von 280 GWh – sollen in Nordamerika entstehen, ca. 33 Prozent – mit einer Leistung von 950 GWh – in Europa und ca. 57 Prozent in Asien und Pazifik. Die Batteriefabriken in Asien-Pazifik sollen in ihren Endausbaustufen insgesamt über 1.600 GWh Leistung erreichen. So soll die Produktionskapazität von weltweit 450 GWh, die 2020 bereitstand, auf über 2.800 GWh anwachsen.

Steinbeis (Göhringer):

Welche Konsequenzen zieht SVOLT hieraus bzw. mit welchen Entwicklungen bzgl. der Produktionskapazitäten von Batterien/ Akkumulatoren planen Sie in Europa/Deutschland. Welchen Marktanteil strebt SVOLT an?

SVOLT (Wollenhaupt):

Die Elektromobilität ist neben der Digitalisierung und dem autonomen Fahren eines der bedeutendsten Zukunftsthemen der Automobilindustrie. Durch die massive staatliche Förderung der Elektromobilität in Bezug auf Pkw, Nutzfahrzeuge, Busse und Ladeinfrastruktur werden die Zulassungszahlen weiter steigen. Je mehr Elektrofahrzeuge auf unseren Straßen fahren, desto mehr Akkus werden benötigt. SVOLT positioniert sich in diesem schnellwachsenden Markt als Schlüssel-Player und investiert weltweit über acht Milliarden Euro in Produktionskapazitäten. Bis 2025 plant SVOLT den Aufbau von weltweit 300 GWh Batteriezell-Produktionskapazitäten an sechs bis acht Standorten. Mit zwei großen R&D Zentren in Baoding und Wuxi, China, und drei R&D Hubs, beschäftigt SVOLT derzeit rund 1.500 Mitarbeitende allein im Bereich Forschung & Entwicklung. Bis zum Ende des Jahres sollen es mehr als 2.000 Mitarbeitende in diesem Bereich werden. Die Beschäftigtenanzahl von SVOLT soll bis 2025 auf über 10.000 Mitarbeitende anwachsen.

Weltweit bietet SVOLT seinen Kunden ein umfangreiches OneStop-Produktportfolio, das sich primär an die Automobilindustrie richtet.

Dazu gehören Batteriezellen und deren Zellchemie, Module und Hochvoltspeicher (Packs) ebenso wie entsprechende BatteryManagement-Systeme (BMS) und deren Softwarelösungen – ein Geschäftsbereich, in dem SVOLT allein rund 250 Mitarbeitende beschäftigt. Neben Lösungen, die den gängigen Marktstandards entsprechen, arbeitet SVOLT intensiv an der Entwicklung neuer und der kontinuierlichen Weiterentwicklung bestehender Technologien: von der Zellchemie über komplette Battery-Packs bis hin zu cloudbasierten Softwarelösungen. Als besondere Innovation ist hier unsere NMX-Technologie hervorzuheben.

Die in Abb. 2 dargestellte Nickel-Mangan-Batteriezelle (NMX) verzichtet vollständig auf das Schwermetall Kobalt, das sonst zur Stabilisierung von Hochnickelbatteriezellen eingesetzt wird. Damit ist SVOLT bislang das einzige Unternehmen am Markt, dem es gelungen ist, eine Hochnickelzellchemie ohne Kobalt zu einer massentauglichen industriellen Serienreife zu bringen.

Abb 1: SVOLT Battery Pack für BEV
Abb 2: Nickel-Mangan-Batteriezelle (NMX)

Steinbeis (Göhringer):

SVOLT hat sich für seine Europazentrale für Deutschland entschieden. Qualifiziertes Personal, hohe Rechtssicherheit und die Infrastruktur stehen meistens auf der „Haben“ Seite für Deutschland. Überregulierung/bürokratische Hürden, hohe Steuerlast und Arbeitnehmerrechte werden meistens als hinderlich durch außereuropäische Investoren wahrgenommen. Welche Standortvorteile können Sie für Deutschland besonders herausheben.

SVOLT (Wollenhaupt):

Deutschland liegt im Herzen der Automobilindustrie in Europa. Wir möchten aktive Kundennähe, um uns auch als Unternehmen mit unseren Kunden gemeinsam entwickeln zu können. Um den CO2-Footprint dabei so niedrig wie möglich zu halten, verfolgen wir weltweit einen Local-for-Local-Ansatz. Ziel ist es dabei, lokale Lieferketten aufzubauen und zu befähigen, die benötigten Materialien – soweit vorhanden – bereitzustellen. Dadurch reduzieren wir mögliche negative Auswirkungen auf unsere Supply Chain durch Verspätungen und unvorhergesehene Zwischenfälle. Zudem können wir die Lieferwege und -zeiten zu europäischen Kunden verringern, was sich wiederum positiv auf die Nachhaltigkeit von Elektrofahrzeugen auswirkt. Das Saarland ist ein moderner Industrie-, Logistik- und Innovationsstandort und bietet SVOLT damit die Möglichkeit, hochqualifizierte Mitarbeiter zu akquirieren. Die ausgezeichnete Ausbildung der Fachexperten vor Ort, besonders aus den Bereichen Maschinenbau und Elektrochemie, haben uns überzeugt. Die Transformation des Arbeitsmarktes hin zu New-Mobility-Themen wird hochqualifizierte Arbeitskräfte freisetzen. Diese finden bei SVOLT einen Anschluss. Je näher wir am Markt und den Experten dran sind, desto einfacher werden wir als Unternehmen wachsen.

Steinbeis (Staudt):

Die Lithium-Ionen-Technologie wird unserer Meinung nach für EV voraussichtlich in den nächsten 10 Jahren im Vordergrund des Wachstums stehen. Stimmen Sie dieser Einschätzung zu bzw. welche Chancen sehen Sie, dass andere technologische Entwicklungen (wie z.B. Feststoffbatterie, Superconductor, H2 etc.) für die Mobilität eine Rolle spielen könnten?

SVOLT (Wollenhaupt):

Wir halten die Elektromobilität für die derzeit einzige marktreife und zu massenkompatiblen Preisen verfügbare Technologie, um die Flottenemissionen zu senken und damit zum Klimaschutz beizutragen. Dazu trägt bei, dass nach derzeitigem Stand der Technik der Gesamtwirkungsgrad (Tank-to-Wheel, TTW), der die Energiewirkkette eines Fahrzeugs vom Zeitpunkt der Energieaufnahme – etwa an der Ladesäule – bis zur Entladung unterwegs auf der Straße beschreibt, beim heutigen E-Auto weitaus höher liegt als bei einem Wasserstoffauto. Auch sind die Gesamtkosten bei Wasserstoff für die Technologie im Fahrzeug sowie für die notwendige Infrastruktur deutlich höher als beim E-Auto. Der Elektrizitätsverbrauch von wasserstoffbetriebenen Autos liegt zweieinhalb Mal höher als der von E-Autos. Nichtsdestotrotz ist Wasserstoff ebenfalls eine vielversprechende Technologie – etwa für den industriellen Einsatz. Auch für wasserstoffbasierte Antriebe wird im Übrigen eine Batterielösung für den Einsatz im Fahrzeug benötigt. Diese ist zwar kleiner als bei einem heutigen E-Fahrzeug, aber nichtsdestotrotz zwingend erforderlich.

Zur Weiterentwicklung der Feststoffbatterie (Solid-State-Batterietechnologie, SSB) beschäftigt SVOLT seit einigen Jahren ein eigenes Forschungs- und Entwicklungsteam. Unsere R&DAbteilung hat bereits über 80 Patente zu Feststoffbatterien eingereicht. Mit der ersten Generation der hybriden Elektrolyt- Batterie (C + NCM) werden wir Ende Q1 2022 außerdem einen echten Durchbruch in der Entwicklung sehen. Für die nächsten Jahre planen wir eine zweite und dritte Generation der hybriden Elektrolyte mit einer Energiedichte bis zu 350 Wh/kg und 750- 800 Wh/L. Aktuell liegen diese bereits bei 250-300 Wh/kg und 550-650 Wh/L, variieren jedoch stark je nach eingesetzter Chemie und übertreffen deutlich die historischen Werte. Voraussichtlich 2030 werden wir eine Feststoffbatterie mit 450- 500 Wh/kg im Portfolio haben. Die SSB-Technologie ist für uns aber ein Themenfeld, das uns bereits heute hilft, unsere Lithium- Ionen-Batterien zu verbessern.

Festkörperzellen sind im Markt nicht zwingend erforderlich, solange es hybride Lithium-Ionen-Batterien gibt, die eine Energiedichte von 350-400 Wh/kg erreichen. Denn damit ist ebenfalls eine intrinsische Sicherheit gegeben, also eine Zelle, die nicht brennt. Mehr als 500 Wh/kg Energiedichte sind aus unserer Sicht in Batterien nicht unbedingt notwendig, denn 2.000 Kilometer Reichweite braucht eigentlich kein Fahrzeug. Solche Strecken sind an einem Tag ohnehin nicht zu bewältigen.

Abb 3: Die Darstellung ist Electropaedia – Battery and Energy Technologies
entnommen https://www.mpoweruk.com/chemistries.htm

Steinbeis (Staudt):

Welche technologischen Entwicklungen und Fortschritte im Bereich der Lithium-Ionen-Batterien bzgl. Komponenten (Verfügbarkeit), Leistung (Kapazität) und Preis erwartet SVOLT in den nächsten zwei bzw. fünf Jahren?

SVOLT (Wollenhaupt):

Wir erwarten in den nächsten Jahren eine breite Anwendung kobaltfreier Zellchemien in Europa, denn das Thema Nachhaltigkeit war noch nie so wichtig wie heute. Die CO2/Wh-Werte, die über den gesamten Produktionszyklus emittiert werden, sind sowohl für OEMs wie auch für die Endkunden ein extrem wichtiger Entscheidungspunkt für oder gegen eine bestimmte Technologie. Die Zielwerte liegen bei <30g CO2/kWh. Anhand der der Darstellung von Abb. 4 wird deutlich, dass insbesondere die Umstellung auf grüne Energieträger, die größten Einsparungen bei CO2-Emissionen bedingt.

Abb 4: Adaptierte Darstellung: Fraunhofer Institute für Solar Energie Systeme ISE
Freiburg – 2019 – GREENHOUSE GAS EMISSIONS FOR BATTERY ELECTRIC AND FUEL
CELL ELECTRIC VEHICLES WITH RANGES OVER 300 KILOMETERS

Darstellung von Abb. 4 wird deutlich, dass insbesondere die Umstellung auf grüne Energieträger, die größten Einsparungen bei CO2-Emissionen bedingt.

Auch Kobalt spielt hier eine zentrale Rolle. Mit unserer kobaltfreien NMX-Zellchemie haben wir schon heute eine Lösung in unserem Portfolio mit der wir den Markt anführen.

Die Kapazitäten der Batterien werden, wie vorhin erwähnt, langfristig wachsen. Auch in Bezug auf den Preis wird sich einiges tun: Wir gehen davon aus, dass 2025 eine Kostenparität zwischen dem konventionellen Verbrenner und batterieelektrischen Fahrzeug ohne CO2-Emission besteht – bei dann 65 Euro/kWh. 2020 lag dieser Wert bei 84 Euro pro kWh. Damit wird der Markt für E-Fahrzeuge noch mehr Geschwindigkeit aufnehmen und die Marktanteile werden steigen. Langfristig strebt SVOLT weltweit einen Marktanteil von rund zehn Prozent an.

Steinbeis (Göhringer):

Aufgrund der starken Nachfrage nach mobilen Speichern für EV werden substanzielle Rohstoffengpässe bzgl. Lithium und Kobalt erwartet. Was erwartet SVOLT an Preisentwicklungen für diese Rohstoffe und welchen Einfluss wird dies auf die Stückkosten pro kWh Batteriespeicher haben bzw. gibt es gegenläufige Kostendegressionen, die diese Effekte kompensieren?

SVOLT (Wollenhaupt):

Wir erwarten auf jeden Fall eine Knappheit bei manchen Rohstoffen, aber die Tatsache, dass wir heute schon darüber sprechen, zeigt auch, dass es keine Überraschung sein wird. SVOLT hat hierfür schon vor einigen Jahren vorausgeplant und Maßnahmen ergriffen. Seit 2017 investiert SVOLT mit Pilbara Minerals (Australien) und Tianyuan New Energy Material (China) gezielt in den Lithium-Bergbau und die Erz-Weiterverarbeitung. Auch Kobalt wird in einigen Jahren knapp werden, wodurch der Preis entsprechend weiter steigen wird. Deshalb hat es sich SVOLT zum Ziel gesetzt, innerhalb der Batterieindustrie mittels seiner innovativen und vorrausschauenden Forschungs- und Entwicklungsarbeit weiterhin eine Führungsrolle einzunehmen. Aus diesem Grund sind wir besonders stolz auf unsere leistungsfähigen und wettbewerbsfähigen Batteriezellen ohne Kobalt.

Zur Preisabsicherung wird Hedging bei uns als Werkzeug zunehmend
wichtig. Wir arbeiten dahingehend sehr eng mit unseren
OEMs zusammen, um Lieferungen abzusichern und Preise zu
stabilisieren.

Steinbeis (Staudt):

Prinzipiell werden in EV Akkumulatoren bei Unterschreiten der Leistungskapazität von 80% bereits ausgetauscht. Was ist der Grund hierfür und unter welchen Annahmen könnte sich dies Verhalten verändern?

SVOLT (Wollenhaupt):

Das ist so nicht ganz korrekt. Der State of Health einer Batterie wird mit 80% als Referenzwert angegeben, um zu sehen, wie sich die Zelle in der Alterung verhält. Wie lange ein Batteriesystem letzten Endes in Betrieb ist, entscheiden ausschließlich der Verbraucher und sein Fahrprofil.

Geht man beispielsweise von einem Fahrzeug mit einem 100 kWh Akku aus, so kommt man mit diesem – auch bei schlechten Bedingungen – ca. 500 km weit, bevor ein Ladevorgang erforderlich wird. Unsere Batterien können heute schon 2.000 Ladezyklen darstellen, bevor der SOH (State of Health) von 80% erreicht wird. Das bedeutet, dass eine Gesamtreichweite von 1.000.000 Kilometern in einem Fahrzeug möglich ist, bevor der Akku nur noch 400 km an Reichweite pro Ladevorgang darstellen kann. Diese Zahlen sind für jeden PKW-Fahrer absolut ausreichend.

Betrachtet man ferner, dass Fahrzeuge in der EU eine Fahrleistung von 200.000 – 270.000 km, je nach Fahrzeugklassen, über das gesamte Fahrzeugleben verrichten, wird der zweite Lebenszyklus von Speichern umso bedeutender.

Steinbeis (Staudt):

Letztendlich ist absehbar, dass ein riesiger Bedarf an Verwertungslösungen dieser Alt-Batterien auf uns zu schwappt. Über Second-Life Anwendungen wird viel in Fachzeitschriften und -gremien berichtet und einige Initiativen zu stationären Großspeichern unter Verwendung ausgedienter EV Batterien sind angestoßen. Die Wirtschaftlichkeit ist bisher wenig transparent und unserer Meinung nach sehr fraglich, da Alt-Batterien zuerst analysiert, dann aufbereitet und letztendlich neu verschaltet werden müssen. Zudem werden sinkende Stückkosten neuer Lithium-Ionen-Batterien (aufgrund von Skaleneffekten und technischem Fortschritt) ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell für Second-Life Anwendungen erschweren. Letztendlich können die Stückkosten für Großspeicher (Levelized Cost of Storage ausgedrückt in EUR pro MWh) eine niedrige Schwelle von EUR 10 – 20/ MWh nicht übersteigen, da ansonsten nur wenige Anwendungssituationen (use case) übrigbleiben. Welche Potentiale sieht SVOLT für Second-Life Batterien und in welchen Bereichen?

SVOLT (Wollenhaupt):

Dieser Second-Life Markt entsteht gerade erst und wir sollten aufpassen, dass wir das Second-Life Modell in Deutschland nicht schon vor der Entstehung kaputt reden. Fakt ist, dass wir als Batteriehersteller eine Quote für Second-Life Anwendungen der EU-Kommission vorgegeben bekommen haben. Diese müssen wir erfüllen, da gibt es gar keine Debatte. Rohstoffe zurückzugewinnen wird für den Erfolg des Marktes entscheidend sein, insbesondere wenn wir uns mit der angesprochenen Rohstoffknappheit auseinandersetzen müssen. Second Use Cases werden vor allem ab 2035 ein größerer Markt sein, da dann auch eine Vielzahl von Speicherlösungen im Markt vorliegen wird. Die durchschnittliche Lebenszeit von Fahrzeugen in Europa liegt momentan immerhin bei 18 Jahren, das heißt, es ist noch gar nicht genug Zeit vergangen seit der Einführung von E-Fahrzeugen, um aktuell genügend Batterielösungen für Second-Life Anwendungen vorliegen zu haben. Wer den Restwert der Batterien in ihrem Second-Lifecycle versteht, der wird in diesem Markt langfristig Erfolg haben. SVOLT bietet deshalb schon heute Cloud Services und Cloud-Battery-Management-Systeme als Lösung an.

Steinbeis (Staudt):

Wie bereits angedeutet erwartet Steinbeis M&A eine sich schnell entwickelnde Notwendigkeit zur Bereitstellung zusätzlicher, substanzieller Recycling-Kapazitäten aus mobilen Speichern, da Second-Life Anwendungen eher dem Konzept des Herauszögern der Entsorgungskosten dient, als eine nachhaltige sinnvolle Basis der Wiederverwertung darzustellen. Welche Rolle nimmt das Recycling von Speichern für SVOLT ein und liegt der Fokus eher auf der Erfüllung gesetzlicher Auflagen (Entsorgung) oder hat bereits die Rückgewinnung von Rohstoffen eine zentrale Rolle eingenommen?

SVOLT (Wollenhaupt):

SVOLT arbeitet derzeit an der Entwicklung eines umfassenden Recycling-Konzepts mit dem Ziel, einen geschlossenen Materialkreislauf zu schaffen, dafür ist die Rückgewinnung der Rohstoffe ein zentraler Bestandteil. Unser Recycling-Konzept umfasst dabei diejenigen Batterieprodukte, die tatsächlich das Ende ihres Produktlebenszyklus erreicht haben und auch nicht mehr in anderen Energiespeicherlösungen eingesetzt werden können, ebenso wie den im Produktionsprozess entstehenden Ausschuss an Materialien. Nachhaltigkeit sowie die Minimierung des CO2-Footprints stehen dabei für uns im Vordergrund.

Steinbeis (Staudt):

Gibt es schon konkrete Recyclingprojekte für mobile Speicher bei SVOLT oder dem Mutterkonzern Great Wall Motors?

SVOLT (Wollenhaupt):

Wie erwähnt, arbeiten wir aktuell an einem konkreten Recycling- Konzept, zusammen mit unserem Partner Huayu. Als unabhängiger Automobilzulieferer können wir über die Recyclingbestrebungen von Great Wall Motors leider nicht sprechen.

Steinbeis (Göhringer):

Vielen Dank, dass Sie mit uns diese Einblicke und Ausblicke von SVOLT auf den mobilen Speicher- bzw. Batteriemarkt der nächsten Jahre gewährt haben. Zusammenfassend können wir festhalten:

Abb 5: Darstellung RWTH Aachen PEM (Recycling von Lithium-Ionen-Batterien)

Der Recycling-Markt für mobile Speicher wird schon im kommenden Jahr eine große Rolle spielen, insbesondere mit Blick auf den Aufbau leistungsfähiger Kapazitäten. Für kleinere Recycling- Unternehmen bietet es sich bzgl. anstehender Investitionskosten an, Kooperationen und Zusammenschlüsse anzustreben. Die großen Hersteller und OEMs, sowohl von Akkumulatoren als auch von E-Fahrzeugen, werden mittelfristig Investitionen in eigene Recyclinglösungen aufbauen müssen. Diese Bestrebungen stehen heute noch nicht im Vordergrund. Aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen wird man das Thema Recycling entlang der gesamten Lieferkette aber in spätestens drei bis fünf Jahren nicht mehr ignorieren können. Maschinen- und Anlagenbauer im Segment des Recyclings von mobilen Speichern können daher mit steigender Nachfrage rechnen.

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